20. Mai 2023
Hühner haben einen recht ausgeprägten Hang zur Hygiene – mehrfache Staubbäder gehören da zur täglichen Routine. Am meisten Freude scheint die Prozedur zu bereiten, wenn gleich mehrere Hennen daran beteiligt sind. Gerne schläft man dann auch schon mal in der Badewanne ein, wer sollte es ihnen verübeln. Schlimm ist einzig die Vorstellung, dass unsere so vorbildliche deutsche Tierindustrie den Tieren selbst dieses basale Bedürfnis verwehrt. Als Lebewesen in den Händen der „wir-halten-uns-an-alle-Vorgaben“-Tierindustriellen zu landen, ist natürlich aus unzähligen Myriaden Gründen ein entsetzliches Schicksal. Sich nie waschen zu können, nicht einen Tag seines Lebens das tun zu können, was man gern tun würde – diese Zumutung ist nicht erst in der unverschämten Selbstverständlichkeit, mit der Menschen andere Wesen zu diesem Dasein verurteilen, durchaus ein Akt, der kriminell genannt werden sollte.



17. Mai 2023
Wenn ich mit den Hunden im Garten bin, kommen die Hühner sicherheitshalber in ihr Gehege – dort hat die kleine Helena (die sich übrigens sehr gut entwickelt, immer entspannter wird und auch körperlich aufgeholt hat) entdeckt, dass man die ersten Knospen des Holunderstrauchs ganz prima abreißen und futtern kann…davon ist dieses kleine Video entstanden:
09. Mai 2023

Dieser Darwin-Moment funktioniert einfach immer wieder. Heute früh habe ich diese tote Hornissen-Königin im Garten gefunden – zersetzt von einem Pilz, ein Sterben vermutlich über Tage und Wochen, unbemerkt in einer Ecke des Gartens. „Nun zur theologischen Seite der Frage“, schreibt Darwin in einem Brief an Asa Gray – „dies ist mir immer peinlich. Ich bin verunsichert. Ich hatte nicht die Absicht, atheistisch zu schreiben. Aber ich gebe zu, dass ich nicht so deutlich, wie es andere sehen und wie ich es selbst gerne sehen würde, rings um uns her Beweise für Zweckbestimmung und Güte zu erkennen vermag. Es scheint mir zu viel Elend in der Welt zu geben. Ich kann mich nicht dazu überreden, dass ein gütiger und allmächtiger Gott mit Absicht die Schlupfwespen erschaffen haben würde mit dem ausdrücklichen Auftrag, sich im Körper lebender Raupen zu ernähren, oder dass eine Katze mit Mäusen spielen soll. Da ich daran nicht glaube, sehe ich auch keine Notwendigkeit in dem Glauben, dass das Auge bewusst geplant war. Andererseits kann ich mich keineswegs damit abfinden, dieses wunderbare Universum und insbesondere die Natur des Menschen zu betrachten und zu folgern, dass alles nur das Ergebnis roher Kräfte sei. Ich bin geneigt, alles als das Resultat vorbestimmter Gesetze aufzufassen, wobei die Einzelheiten, ob gut oder schlecht, dem Wirken dessen überlassen bleiben, was wir Zufall nennen könnten. Nicht, dass mich diese Einsicht im mindesten befriedigte. Ich fühle zutiefst, dass das ganze Problem für den Intellekt des Menschen zu hoch ist. Ebenso gut könnte ein Hund über den Geist Newtons spekulieren. jeder Mensch soll hoffen und glauben, was er kann.“
07. Mai 2023
In einem älteren, unscheinbaren Heftchen unseres Bücher-Tausch-Regals an der Uni gefunden – Dorothee Sölle über die Frage: Wer ist Jesus von Nazareth – für mich?. Er ist der, so Sölle, der „etwas älter als ich, mir immer schon einen Tod voraus ist. Der, etwas jünger als ich, verrückter, mir immer schon ein Wunder voraus ist. […] Er lässt es nicht zu, dass nur ein einziger Tag meines Lebens gering geachtet, sinnlos, ohne das große Experiment sei. Ich lerne von ihm, allen Zynismus zu überwinden. Diese Lektion finde ich heute am schwersten – es gibt überzeugende Gründe, Menschen zu verachten, es gibt großartige Gründe, mich selber zu verachten. Es gibt eine Versuchung, das Leben nur teilweise, nur ein Stück weit, nur unter Umständen zu bejahen. Er beschämt mich – meine endliche, ungeduldige, teilweise, oberflächliche Bejahung. Er lehr mich ein unendliches, revolutionäres, nichts und niemanden ausschließendes Ja.“
03. Mai 2023
Mir ist aufgefallen, dass ich meist nur von den neu eingezogenen Tieren schreibe. Aber natürlich kennt das Zusammenleben nicht nur diese eine Richtung – genauso, wie Tiere hier einziehen, sterben sie irgendwann auch. Mit jedem Tier, das einzieht, zieht immer auch die Aussicht auf sein mal nahes, mal noch fernes Sterben wie ein ungeliebter Untermieter mit ein. Zuletzt ist Tiffi gestorben, eine braune Hybridhenne aus einer Hühnerrettung im Frühling 2021. Rechnet man die Zeit in der industriellen Tierhaltung mit ein, dann ist Tiffi insgesamt etwa mehr als drei Jahre alt geworden. Anfang Februar dieses Jahres wurde bei ihr ein Tumor festgestellt, der leider nicht operabel war. Mit guter Schmerzmedikation hatte sie dann – wider Erwarten – doch noch gut zwei Monate, mit einigen schönen, vorfrühlingshaften Sonnentagen. Eines Abends war dann aber klar, dass es nicht mehr ging; es ist ein bisschen seltsam, aber oft kann man das regelrecht sehen. Wenn ich „objektive“ Gründe dafür angeben müsste, dann würde ich sagen: Kein Tier wird eingeschläfert, das von sich aus noch essen will und/oder Interesse zeigt, sich zu bewegen. Aber der Grad ist immer mehr als schmal. Bei Tiffi war es dann irgendwann so weit, ich habe sie einschläfern lassen, bei einer unendlich großartigen Tierärztin. Ohne hier ins Detail gehen zu können/wollen: Ich rate allen, die mit Tieren zusammenleben und deswegen auch deren Sterben irgendwann einmal als Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, sich damit auseinanderzusetzen, und zwar bevor der Ernstfall eintritt. Wichtig ist auch, sich gerade als Laie in die veterinärmedizinischen Hintergründe der verschiedenen Euthanasie-Mittel einzuarbeiten (Stichwort: Pentobarbital vs. T61). Letzteres Mittel ist für mich bei meinen Tieren jedenfalls keine Option.
Tiffi ist nun beerdigt – am Kirschbaum. In unserem Garten, der manchmal mehr Friedhof als Garten ist…und über dessen Belegung (alle † – bislang 18 Gräber! ) wir akribisch Buch führen, in Form einer Gräber-Gartenkarte:

29. April 2023
Eine liebgewonnene Gewohnheit von Hermes: Sich ins Bett tragen zu lassen. Reichlich praktisch, so ein eigener Mensch.

27. April 2023
Schon am Wochenende ist dieses kleine Video entstanden: Das erste Sonnenbad im Leben dreier kleiner Hühner…
26. April 2023
Am Wochenende sind vier Hennen eingezogen, zum Leidwesen der drei Hennen, die schon da waren und nun Haus, Hof und Garten teilen müssen. Man ist recht erbost. Aber das wird schon. Zwei der vier haben noch keinen Namen. Zwei der vier aber doch. Brunhild ist wehrhaft – den anderen Hennen gegenüber, mir gegenüber, und Abigail gegenüber. Allem, was ihr verdächtig scheint (die anderen Hennen, Abigail und ich) begegnet sie, indem sie erstmal drauflos pickt. Nicht richtig fies, aber deutlich genug. Ihr Gefieder war nicht so verdreckt wie das der anderen Hennen. Vermutlich hat sie sich in der grauseligen „Bodenhaltung“ gegenüber den anderen einigermaßen behaupten können und musste sich nicht auf die unteren Stangen zurückziehen. So konnte sie dem von oben herab fallenden Dreck ihrer Mitinsassinen entgehen. Anders die kleine Helena: Sie ist winzig, fast körperlich zurückgeblieben. Abgemagert und klapperdürr. Sie schreit aus voller Kehle, wenn die anderen sich ihr nähern, Ein Rätsel, dass sie überhaupt noch lebt. Die Tierindustrie weiß nun einmal, bis zu welchem Punkt sie die Tiere gnadenlos ausnutzen kann; bis auf die Minute scheint diese Nutzungsdauer vorausberechenbar. Effizienz, die das blecherne Bauernherz höherschlagen lässt. Was dann zurückbleibt, sind kleine klapperdünne Gespenster wie Helena, mehr Schatten als Huhn. Sie huscht vor allem weg, ist immer auf der Hut. Und sie ist aufmerksam: Seltsamerweise ist sie dann doch immer irgendwie in der Nähe, kommt sogar, wenn man sie leise ruft.







