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Krallen, Federn, Drachenblut. Tiere in der Kunst des Mittelalters

Kaum zu glauben, dass ich bislang noch gar nichts von unserem neuen Buch berichtet habe: Dabei gibt es das Ergebnis eines dreijährigen Prozesses nun endlich seit November auch in den Buchläden. Wir (Thomas Ruster, Gregor Taxacher und ich) haben darin einen Blick auf die Tiere im Kölner Museum Schnütgen geworfen und die dort versammelte, mittelalterlich-christliche Kunst aus einer tiertheologischen Sicht kommentiert.

Dabei ging es uns allerdings weniger um eine kunstgeschichtliche Perspektive, wie man sie üblicherweise in einem solchen Band erwarten würde. Vielmehr haben wir versucht, die Kunstwerke als theologische und philosophische Reflexionsfiguren zu verstehen, die etwas über das damalige und heutige Mensch-Tier-Verhältnis aussagen können.

Gute Kunst macht bekanntlich sehender für das Sichtbare – und genauso ist es uns auch im Museum Schnütgen ergangen: Angesichts verschlungener Säulenkapitelle, aufgerissener Raubtierrachen und gezähmter Drachen haben wir vor allem über die wohl wesentlichste Frage christlicher Theologie, die Bedeutung von Erlösung nachgedacht. Was uns heute dem Begriff nach vielleicht ferner denn je scheint, rückt doch schnell näher, sobald man angeleitet von den mittelalterlichen Werken einen Sinn dafür entwickelt, mit welcher Abscheu schon damals auf die Selbstverständlichkeit des vermeintlich natürlichen Zusammenhangs von Fressen-und-Gefressenwerden geblickt wurde. So gesehen, war das Ringen um die Erlösung immer auch eine Auseinandersetzung mit dem leider sehr handfesten Problem sich gegenseitig verschlingender Subjekte.

Außer Frage steht dabei, wie sehr sich das Christentum immer wieder mit den unterschiedlichsten Formen der Gewalt gegenüber Tieren solidarisiert hat – aber auch, welche Ausbruchsmöglichkeiten christliche Theologie aus dieser Gewaltspirale in sich birgt. So ist es dann vielleicht nur eine Frage der Perspektive, um letztlich auch in der Eucharistie die Erfindung des ersten Fleisch-Ersatz-Produkts dieser Welt erkennen zu können (ein charmanter Gedanke, der aus der einer witzigen und geistreichen Rezension von Michael Kohler im KStA stammt).

Aus einer Besprechung von Joachim Frank in der Verlags-ZS „IRENE„:

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